Jungen sind in vielfacher Hinsicht stärker gefährdet als Mädchen. Schon vor der Geburt kommen sie mit Belastungen weniger gut zurecht. Auch Schwangerschaften mit einem männlichen Fötus gehen häufiger schlecht aus. Nach der Geburt ändert sich die Situation nicht wesentlich: So sind neugeborene Jungen häufiger krank als Mädchen. Besonders kritisch ist die Zeit der Adoleszenz. Gerade während dieses Entwicklungsabschnitts neigen Jungen zu besonders riskantem Verhalten. Und gefährden auf diese Weise ihre Gesundheit.

Englische Wissenschaftler aus Exeter haben sich aktuell mit der Fragestellung befasst, ob es einen Zusammenhang zwischen Totgeburt und Geschlecht geben könnte. Hintergrund der Forschung war, dass sich die Raten der Totgeburten in den letzten Jahrzehnten nur wenig geändert haben. Viele Fälle blieben ungeklärt. Unter einer Totgeburt versteht man, dass der Fötus im Mutterleib stirbt, wenn die Schwangerschaft schon weit fortgeschritten ist. Abhängig vom jeweiligen Land werden Totgeburten in der Regel zwischen der 20. und 28. Schwangerschaftswoche erfasst.

Die Forschergruppe um Fiona Mathews analysierte die Daten von 30 Millionen Schwangerschaften und stellte fest, dass bei 1.000 Geburten 6,23 männliche und 5,74 weibliche Totgeburten vorkommen. Die Zahlen beschreiben einen relativen Unterschied von 10 Prozent.

Ein weltweiter Blick in die Statistiken zeigt, dass pro Jahr 2,6 Millionen Föten tot auf die Welt kommen. Dabei sind die Unterschiede zwischen reichen und ärmeren Ländern auffallend: Finnland ist mit zwei auf 1.000 das Land der niedrigsten Rate an Totgeburten. Anders dagegen sieht die Situation in Nigeria und Pakistan aus. Hier beträgt die Quote 40 von 1.000. Der Geschlechtereffekt hat jedoch mit der sozialen und ökonomischen Situation eines Landes nichts zu tun. Ausnahmen bilden lediglich Länder wie China und Indien, in denen Mädchen bewusst abgetrieben werden. In der Statistik tauchen die abgebrochenen Schwangerschaften dann als Totgeburten auf.

Männliche Föten sind empfindlich

Dass männliche Föten so anfällig sind, ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. So reagieren sie empfindlicher auf Hormonschwankungen. Nahrungsmangel stellt ebenfalls eine kritische Situation vor allem für männliche Babys dar. Da die Plazenta bei männlichen Föten nicht so stabil ist, können leichter Frühgeburten und andere Probleme auftreten. Noch wissen Forscher nicht genau, warum männliche Föten empfindlicher sind als weibliche.

Genauer zu verstehen, warum männliche Föten stärker gefährdet sind, könnte bei der Betreuung von Hochrisikoschwangerschaften helfen. Auch eine Routineaufnahme des Geschlechts könnte dazu beitragen zu erfassen, welche Totgeburten geschlechtsgebunden sind. Es kann bei Ländern mit Abweichungen von üblichen Mustern geklärt werden, ob eine Benachteiligung von Frauen auf die Tötung weiblicher Föten oder andere Risiken zurückzuführen sein könnte.

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