Was ist die Substanz der Freundschaft? Sind es die gleichen Dinge, die man mag, ein ähnlicher Lebensentwurf oder einfach nur Zufall?

Auf diese Frage haben Forscher jetzt eine neue Antwort gefunden: Wer einen guten Freund hat und ihn quasi als Familienmitglied betrachtet, handelt intuitiv richtig. Die Wissenschaftler entdeckten, dass sich bei Freunden durchschnittlich 1 Prozent der Erbgutabschnitte gleichen. Klingt zunächst nach ‚nicht viel‘ – doch für Genetiker ist dies signifikant.

Analysen des menschlichen Erbguts zeigten, dass die Gene von Freunden deutlich ähnlicher sind als diejenigen von Personen, die keinen Bezug zueinander finden. Anders ausgedrückt: Unsere Freunde sind uns vermutlich in genetischer Hinsicht so ähnlich wie Cousinen und Cousins des vierten Grades, erklärten die Genetiker James Fouler und der Evolutionsbiologe Nicholas Christakis. Fouler arbeitet an der UC San Diego und sein Kollege Christakis an der Universität Yale. Die beiden Wissenschaftler veröffentlichten ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift PNAS, 2014.

Freunde können sich gut riechen

Die Forscher nutzten für ihre Untersuchung die Datensätze von 1.932 Personen, die im Rahmen einer Studie für Herzgesundheit erfasst worden waren. Es handelt sich dabei um den Datenpool einer Kleinstadtbevölkerung: In Framingham läuft seit 1948 eine der größten und genauesten Langzeitstudien zum Thema Herzgesundheit. Die Studie lieferte nicht nur Daten über Essgewohnheiten oder den Blutdruck der Menschen, sondern auch anonymisierte Daten über das Erbgut. Und die Erbgutdaten verwendeten Christakis und Fowler für ihre Studie.

Die meisten Menschen der Stichprobe hatten europäische Vorfahren. Aus methodischer Sicht war das durchaus ein Vorteil. Denn Menschen suchen sich meistens Freunde aus der gleichen Ethnie, was letztendlich auch ein Grund für eine bestimmte genetische Ähnlichkeit ist. Um ein falsches Ergebnis auszuschließen, nahmen die Wissenschaftler die Daten derjenigen Personen aus dem Datensatz heraus, die miteinander verwandt waren. Es blieben schließlich die Daten von Personen übrig, die nicht mit einander verwandt waren. Die beiden Wissenschaftler schauten sich nun an, wer miteinander befreundet ist und wie sehr sich die Gene dieser Menschen gleichen. Das Ergebnis: Ziemlich beste Freunde haben ziemlich ähnliche Gene.

Dieses Ergebnis motivierte die Forscher zu einem weiteren Schritt. Sie verwendeten hierzu Daten einer anderen Gruppe. Und versuchten vorherzusagen, wer mit welcher Wahrscheinlichkeit mit wem befreundet ist. Die Erfolgsquote war überraschend hoch.

Aussagekräftig ist außerdem, dass sich Freunde, ähnlich wie Liebespaare, auch ‚gut riechen‘ können. Das heißt, die für die Geruchswahrnehmung zuständigen Gene scheinen bei befreundeten Menschen eine hohe Übereinstimmung aufzuweisen.

Ist Freundschaft ein evolutionsbiologischer Vorteil?

Dass Menschen mit ähnlichen Genen befreundet sind, könnte beispielsweise mit der evolutionären Geschichte der Menschen zusammenhängen. Christakis und Fowler gehen davon aus, dass Freundschaften als Sozialverhalten entstanden sind, was letztendlich beiden Parteien einen Überlebensvorteil ermöglichte. Damit dies auch funktioniert, sollten Freunde gleiche Interessen verfolgen. Denn je ähnlicher Menschen sich verhalten, desto mehr Vorteile haben sie davon. Die Wissenschaftler erklären diesen Gedanken anhand eines Beispiels: Macht eine Person ein Feuer, weil ihr und auch der anderen Person kalt ist, dann ist das für beide Seiten gut. Anders formuliert: Mag man es selber eher kühl, hat man auch kein Interesse daran, einen anderen beim Feuermachen zu unterstützen.

Noch ist nicht im Detail erforscht, wie genau die Gene Freundschaft und Partnerwahl beeinflussen. Doch scheinen unsere Gene dabei durchaus eine wichtige Rolle zu spielen.

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